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Der berühmt-berüchtigte"Rad"-Effekt... Eventuell hast Du schon einmal etwas über den sogenannten Rad-Effekt gehört oder gelesen. Wenn nicht, egal, lies einfach weiter. Wenn doch, lies bitte ebenfalls weiter. Ich versuche hier einmal wieder auf meine "gekonnt, unkonventionelle Art", u.a. später auch mal mittels Video, den Rad-Effekt zu erklären. Natürlich kann man das alles noch viel komplizierter und physikalisch besser erklären, aber ich erhebe keinen Anspruch auf absolut wissenschaftlich basierendes Fachwissen. Ich versuche, möglichst einfach, den Rad-Effekt zu erklären. Wer es ganz genau wissen will, dem sei z.B. www.WIKIPEDIA.de empfohlen. Zunächst aber erst einmal, etwas Grundwissen über dieses "Teufelszeug" Rad-Effekt: Schiffe mit Schraubenantrieb haben entweder eine rechts- oder eine linksdrehende Schraube (Propeller). Es gibt natürlich auch Schiffe mit zwei und mehr Schrauben. Uns interessiert an dieser Stelle aber ein Schiff mit nur einer Schraube! Stellen wir uns des weiteren ein Schiff vor, dass wir uns von hinten betrachten. Wenn wir uns nun weiter vorstellen, dass sich das Schiff vorwärts bewegt und sich die Schraube dabei in Rechtsrichtung dreht, spricht man von einer rechtsdrehenden Schraube. Ist es umgekehrt der Fall, d.h. die Schraube dreht sich bei Vorwärtsfahrt links herum, handelt es sich um eine linksdrehende Schraube. Skizze einer linksdrehenden Schraube Skizze einer rechtsdrehenden Schraube
Diese Info bekommt man bei einem Charterschiff in der Regel vom Vercharterer. Bei Privatbooten sollte der Schiffseigner wissen, welcher Propeller an der Welle montiert ist. Während der Fahrt kann man das eventuell daran merken, dass das Schiff bei Geradeausfahrt immer ein wenig zur entgegengesetzten Seite versetzt wird, d.h. man muss immer etwas gegenlenken. Wenn man also ein Schiff mit rechtsdrehender Schraube fährt, versetzt das Heck ein wenig nach Steuerbord (rechts), es würde also seinen Kurs nach Backbord ändern. Bei einem Schiff mit linksdrehender Schraube versetzt das Heck nach backbord (links), es steuert dementsprechend nach steuerbord. Dieser Umstand entsteht aus physikalischen Gründen. Wenn die Schraube sich im Wasser dreht und somit Vorschub entsteht, wirkt durch die Reibung der Schraube im Wasser bei ihrer Drehung eine seitlich wirkende Kraft: der Rad-Effekt. Das kann man sich an einem einfachen Experiment vor Augen führen: Nimm einen Bleistift oder Kugelschreiber. Spieße an ihm z.B. eine CD oder einen anderen runden Gegenstand auf und befestige es mit Klebeband am Bleistift/Kugelschreiber. Der Bleistift/Kugelschreiber ist nun die Schiffswelle, der runde Gegenstand Deine Schraube/Propeller.
Wenn Du die CD/ runden Gegenstand jetzt in Rotation versetzt, den Bleistift/Kugelschreiber an seiner Spitze festhälst und anschließend auf den Tisch oder Fußboden vorsichtig aufsetzt, wirst Du feststellen, dass sich Dein Gebilde entweder nach links (Du hast den runden Gegenstand in Linksdrehung versetzt), oder aber nach rechts (Du hast den runden Gegenstand in Rechtsdrehung versetzt) weg rollen will. Du hast nun den Rad-Effekt erlebt! Denn nichts anderes passiert im Wasser! Nur das im Wasser der Rad-Effekt nicht so stark ausgeprägt ist, wie in unserem Experiment. Er reicht aber dennoch aus, das wir damit ein ganzes Schiff, beim Anlegen, manövrieren können. Cool, oder? Bei einem Anlegemanöver macht man sich genau diesen Rad-Effekt gerne zu nutze. Nicht alle Schiffe besitzen ein Bugstrahlruder oder vielleicht auch ein Heckstrahlruder. Sind Bug/Heckstrahlruder eingebaut, sollte man diese auch ruhig benutzen. Ich weiß: Es soll sogar Skipper geben, die die Benutzung dieser sinnvollen Manövrierhilfen verteufeln, weil das angeblich nur was für Anfänger ist. Absoluter Quatsch in meinen Augen! Wenn diese Hilfsmittel an Bord eingebaut sind, darf man sie durchaus benutzen! Dafür sind sie ja da. Allerdings kann man sich an einem ruhigen Anleger dazu hinreissen lassen, den Rad-Effekt einmal auszuprobieren. Nur Mut! Fender alle raus an der Anlegeseite des Schiffes und los geht es: Der Rad-Effekt beim Anlegemanöver setzt voraus, dass man weiß, um welche Schraube es sich bei dem betreffenden Boot handelt. Ist es eine links- oder rechtsdrehende Schraube (siehe oben)? Weiß man das, ergibt sich daraus die sogenannte "Schokoladenseite". Wenn man eine linksdrehende Schraube als Antrieb hat, ist die beste Seite für den Rad-Effekt die Steuerbordseite (rechte Seite). Bei einer rechtsdrehenden Schraube ist es demnach genau umgekehrt, also die Backbordseite (linke Seite). Aber wie geht das nun? Versuchen wir einmal, uns das an dem Beispiel, zu verdeutlichen: Wir fahren mit einem Schiff, dass eine rechtsdrehende Schraube besitzt. Die Schraube dreht sich also bei Vorwärtsfahrt, vom Heck aus betrachtet, rechts herum. Laut der obigen Erklärung wäre die beste Seite, an der der Rad-Effekt am stärksten wirkt, die Backbordseite (linke Seite) des Schiffes. Fahren wir nun auf eine Anlegestelle mit unserer Backbordseite diagonal zu, nimmt man 10 m vor der Anlegestelle Gas weg, so daß man nur noch im Standgas fährt. Die nur noch langsam drehende Schraube bremst übrigens jetzt schon das Schiff ein wenig ab! 4-5 m vor dem Anleger legt man das Ruder zur Wasserseite herum und legt den Rückwärtsgang ein, um aufzustoppen (bremsen). Das Ruder wird nun Richtung Landseite gedreht. Und nun passiert es: der Rad-Effekt! Da das Schiff durch die rechtsdrehende (dreht ja bei Rückwärtsfahrt links herum!) Schraube keinen Vorwärtsschub mehr aufbaut, bricht die Anströmung des Wassers an der Schraube zusammen. Dreht die Schraube nun also links herum, ist die vorwärtstreibende Kraft nicht mehr vorhanden, die nach hinten ziehende Kraft ist aber auch noch nicht so groß, dass sie schon Auswirkung zeigt. Bleibt also nur noch die Reibung der Schraube im Wasser. Der Rad-Effekt! Diese minimale Reibung der Schraube im Wasser lässt das Heck, fast wie von Geisterhand, an den Anleger driften. Wenn Du das merkst, kannst Du getrost den Gashebel auf die Neutralstellung legen und musst nur noch warten, bis das Schiff vorne und achtern an den Anleger kommt. Nun kannst Du die Leinen fixen. Prima! Du hast das Manöver "Anlegen mit Rad-Effekt" erfolgreich absolviert! Glückwunsch! War doch gar nicht so schwierig! Zugegeben, es war ein wenig viel Theorie, aber wenn das Manöver das erste Mal geklappt hat, macht das, im Wiederholungsfall, sogar Spaß. Nach ein paar Mal üben, bekommst Du so viel Routine, dass es für Dich nahezu selbstverständlich wird, mit Rad-Effekt anzulegen.
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